Freitag, 2. März 2012

Migräne - eine verbreitete Krankheit




Die Migräne ist keine seltene Er­krankung, wie oft angenommen wird. Ihre Häufigkeit wird auf 5-20% der Gesamtbevölkerung geschätzt. Manches spricht dafür,
dass die Migräne in letzter Zeit häu­figer auftritt, was sich unter ande­rem aus den ungünstigen Verände­rungen unserer psychosozialen Lebensbedingungen und Ernäh­rungsfehlern erklären ließe.
Von den Frauen im gebärfähigen Alter leidet fast jede 5. unter Mi­gräne. In den Wechseljahren lässt sie oft nach oder verschwindet völlig. Trotzdem trifft das Vorur­teil, dass Migräne eine typische Frauenkrankheit sei nicht zu, denn der Anteil der Männer wird auf im­merhin 30-40% geschätzt.
Fast ein Viertel der Patienten erlebt den 1. Migräneanfall noch im Kin­desalter, bei den übrigen tritt er meist erstmals zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf. Im allge­meinen kann man davon ausge­hen, dass spätestens ab dem 45. Le­bensjahr niemand mehr neu an Mi­gräne erkrankt (es gibt aber Aus­nahmen). Wer also bis dahin noch keinen Migräneanfall erlitten hat, wird voraussichtlich nie mehr an Migräne erkranken.
Nicht alle, die sich mit der Migräne plagen, leiden sehr stark unter der Erkrankung oder haben häufig An­fälle. Doch für diejenigen, die schon seit der Kindheit bei jeder Aufregung, jedem Witterungs­wechsel oder einem anderen aus­lösenden Faktor einen heftigen Schmerzanfall erleben, wird das Leben bald zur Hölle. Die Krank­heit verändert im Lauf der Zeit die Persönlichkeit, die gesamte Le­bensplanung gerät durcheinan­der, und die verordneten starken Schmerzmittel können auch noch
zur Medikamentenabhängigkeit und erheblichen anderen Neben­wirkungen führen. Da tröstet es die Betroffenen wenig, wenn sie wissen, dass die Schmerzanfälle mit zunehmendem Alter meist sel­tener und schwächer werden, viel­leicht sogar ganz verschwinden. Hier hilft am besten die biologisch orientierte Ganzheitsmedizin.


Die Ursachen der Migräne sind noch nicht genau bekannt. Man kann wohl davon ausgehen, dass sich die Krankheit nicht auf eine einzige Ursache zurückführen lässt. Stets müssen mehrere körper­liche und seelische Faktoren Zu­sammenwirken, um die Erkran­kung zu verursachen. Die wichtig­sten, die heute diskutiert werden, wollen wir jetzt vorstellen - immer unter dem Vorbehalt, dass es sich dabei um theoretische, nicht aus­reichend belegte Überlegungen handelt.

Die Migräne tritt familiär gehäuft auf. Bei rund zwei Drittel aller Pa­tienten leidet mindestens ein Elternteil ebenfalls unter Migräne.
Die Großeltern sind fast bei jedem 10. davon betroffen, und auch die Geschwister (12%) klagen über häufige Kopfschmerzen oder Mi­gräne. Das legt den Verdacht nahe, dass die Erkrankung selbst oder zu­mindest die Veranlagung dazu ver­erbt wird.
Einen zuverlässigen und wissen­schaftlich einwandfrei gesicherten Beweis für diese Annahme gibt es bisher freilich nicht. Die familiäre Häufung muss nämlich nicht unbe­dingt auf Vererbung zurückzufüh­ren sein. Vielmehr kann es auch so sein, dass ein Kind am Vorbild der Eltern oder anderer wichtiger Be­zugspersonen gelernt hat, in be­stimmten Situationen mit einem Migräneanfall zu reagieren. Dieses Verhalten wird im Erwachsenenal­ter beibehalten, weil der Lernvor- gang nicht mehr bewusst ist und das Gelernte auch nicht willent­lich unterdrückt werden kann. Erhärtet wird die Lerntheorie durch die Diskussion um die Frage, ob es eine bestimmte, eben­falls durch Vorbild und Erziehung geprägte »Migräne-Persönlichkeit« gibt. Verschiedene Untersuchun­gen geben an, dass bis zu zwei Drit­tel aller Migränekranken be­stimmte Eigenschaften aufweisen. So sollen sie vor allem überdurch­schnittlich fleißig, ehrgeizig, ge­wissenhaft und ordnungsliebend, sehr konservativ, starr, intolerant, überempfindlich und leicht kränk- bar sein. Ob diese und andere Per­sönlichkeitsmerkmale eine Mi­gräne verursachen, steht nicht ge­nau fest. Man darf auch nicht ver­gessen, dass sich einige der diskutierten Eigenschaften viel­leicht erst im Lauf der Zeit durch die Belastungen der Migräne her­ausbilden, also ihre Folge, nicht ihre Ursache sein könnten. Und man darf nicht übersehen, dass Wissenschaftler Forschungsergebnisse abhängig von ihrer Ausbil­dung teilweise sehr unterschied­lich interpretieren. Zusammenfassend bleibt also nur festzustellen, dass die Migräne ver­anlagt sein kann. Die Vererbungs­theorie ist aber ebenso wenig wie die Lerntheorie und andere, psy­chologisch orientierte Vorstellun­gen schon endgültig beweisbar. Aber selbst wenn Erbanlagen be­teiligt sind bedeutet das nicht, dass jeder an Migräne erkranken muss, in dessen Familie sie gehäuft vor­kommt. Deshalb ist es auch nicht zu rechtfertigen, wenn man bei fa­miliärer Vorbelastung zum Bei­spiel davor warnt, Kinder zur Welt zu bringen. Dadurch werden die Patienten unnötig verunsichert und in eine Außenseiterrolle ge­drängt, die sie stark belastet und ihre Migräne verschlimmern kann.

Wahrscheinlich ist bei der Migräne die Regulation der Blutgefäße im Kopf gestört. Daraus resultieren Durchblutungsstörungen, die bei einem typischen Migräneanfall vermutlich wie folgt ablaufen:
- Zunächst verengen sich die Ge­fäße. Dadurch wird die Durch­blutung vermindert. Dies führt zur typischen Einschränkung des Gesichtsfelds, Überemp­findlichkeit für Sinnesreize, Übelkeit, Gereiztheit und ande­ren Symptomen des Vorstadi­ums. Noch ist der Betroffene schmerzfrei.
- Danach erweitern sich die Ge­fäße wieder, und es kommt zum
Blutdrang mit wellenartig an- und abschwellenden, pochen­den oder hämmernden starken Schmerzen. Der Blutdrang ist so stark, dass die Schläfenarterien äußerlich sichtbar anschwellen können.
- Schließlich erschlaffen die Ge­fäße, und es tritt Flüssigkeit durch ihre Wände in die Umge­bung aus, die zu Schwellungen führt; der pulsierende Schmerz geht nun in dumpfen, schier un­erträglichen Dauerkopfschmerz über, der stunden- bis tagelang anhalten kann.
Wodurch diese Störungen der Ge­fäßregulation zustande kommen, steht noch nicht sicher fest. Es scheint, dass eine Störung im Hy­pothalamus im Zwischenhirn von zentraler Bedeutung sein könnte. Im Hypothalamus befinden sich mehrere Zentren, die dem vegeta­tiven Nervensystem übergeordnet sind. Sie steuern verschiedene Körperfunktionen, unter ande­rem Blutdruck, Körpertempera­tur, Schweißsekretion, Atmung, Fett-, Wasserhaushalt, Sexualfunk­tionen und Schlaf-Wach-Rhythmus. Dazu bildet der Hypothala­mus verschiedene hormonartige Stoffe, die andere Hormondrüsen beeinflussen. Ob es sich um eine bloße Funktionsstörung des Hy­pothalamus handelt oder ob eine regelrechte Krankheit dieses Hirn­areals vorliegt, kann bisher nicht sicher beantwortet werden.
Nicht endgültig geklärt ist auch, welche Rolle Hormone bei der Entstehung der Migräne spielen. Dies könnte zum Beispiel erklä­ren, weshalb Frauen häufiger unter Migräne leiden. Es scheint vor allem, dass Funktionsstörungen der weiblichen Eierstöcke als Ursache in Frage kommen. Denkbar wäre auch, dass bei beiden Geschlechtern ein Zusammenhang mit einer Unterfunktion der Nebenschilddrüsen besteht. Das sollte immer individuell abgeklärt und gezielt behandelt werden. Einschränkend ist aber anzumerken, dass man keineswegs bei allen Migränekranken hormonelle Störun­gen nachweisen kann. Zunehmendes Interesse als mögliche Ursache der Migräne finden heute die allergischen Krankhei­ten. Wenn ihnen tatsächlich so viel Bedeutung zukommt wie manche Fachleute annehmen, dann ließe sich aus der steigenden Zahl aller­gischer Reaktionen erklären, wes­halb die Migräne auf dem Vor­marsch zu sein scheint. Da Aller­gien mit Veränderungen der Durchblutung einhergehen, kann man sie teilweise mit den eingangs beschriebenen Durchblutungsstö­rungen vereinbaren. In erster Linie scheinen Nahrungs- und Genussmittel, zum Beispiel Schweine­fleisch, Schokolade und Alkohol, bei Migräne als Allergene in Be­tracht zu kommen. Typische Aller­giesymptome müssen dabei nicht auftreten. Die Allergie kann sich al­lein durch den Migräneanfall be­merkbar machen. Von der weite­ren Erforschung dieser Zusam­menhänge darf man in Zukunft
sicher wichtige Erkenntnisse und neue Therapieansätze bei Migräne erwarten.
Es gibt noch eine Reihe weiterer körperlicher Erkrankungen, die als Ursache für eine Migräne zu nennen sind. Dazu zählen zum Beispiel Veränderungen an der Halswirbelsäule. Die dadurch her­vorgerufene Migräne bezeichnet man als Migraine cervicale. Aller­dings können auch hier seelische Faktoren hinzukommen, zum Bei­spiel eine starre, uneinsichtige Hal­tung, die man umgangssprachlich treffend als Halsstarrigkeit be­zeichnet. Sie erzeugt Verspannun­gen der Nackenmuskulatur, die im Laufe der Zeit die Halswirbelsäule schädigen können.
Die Erkrankung verursacht anfalls­weise halbseitige Kopfschmerzen sowie Schwindel, Seh- und Hör­störungen. In der Regel sind diese Beschwerden von den Bewegun­gen des Kopfes abhängig. Wer ei­nen derartigen Zusammenhang bemerkt, soll unbedingt den The­rapeuten davon unterrichten, da­mit er gezielt untersuchen und be­handeln kann.
Im Grunde lassen sich die Sym­ptome der Migraine cervicale stets auf Reizungen der Nerven und Ar­terien im Bereich der Halswirbel­säule zurückführen. Dabei unter­scheidet man die folgenden bei­den Ursachen:
- Beschwerden durch vorzeitige Abnutzung (Arthrose) der klei­nen Halswirbelsäulengelenke und Verschleiß der Bandschei­ben zwischen den Halswirbeln;
unter anderem kann es dazu durch dauernde Fehlbelastun­gen kommen.
- Beschwerden durch Unfälle, bei denen die Halswirbelsäule ver­letzt wurde.
Die genaue Diagnose der Migraine cervicale erfordert meist Röntgen­untersuchungen, bei denen man die Schädigung genau erkennt. Bei Arthrosen sieht man im Röntgen­bild, dass die Wirbellöcher, aus de­nen die Nerven austreten, ein­geengt sind. Die Therapie richtet sich nach dem Befund. Manchmal hilft nur eine Operation.
Man könnte noch andere körperli­che Erkrankungen und Verände­rungen als Ursache der Migräne aufführen, doch sind auch hier die Zusammenhänge zu wenig er­forscht, so dass wir es bei den be­reits genannten Ursachen belassen wollen.

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